08 Dezember, 2007

Synchronisierung der Medien

Wirft man einen Blick zurück in die Geschichte der Kommunikation wird deutlich, dass die Möglichkeit, Information in Echtzeit über große ­Entfernungen hinweg auszutauschen, recht jung ist. Über Jahrhunderte wurden Nach­­richten entweder per Boten oder per Post in die Ferne versandt, meist in schriftlicher Form. Der Brief ist eines der ältesten und prominentesten asynchronen Kommunikationsmittel. Eine Antwort des Empfängers traf meist erst nach Wochen, mit der Weiterentwicklung des Postwesen nach Tagen ein.
Synchrone Kommunikationsmittel erlauben es Sender und Empfänger, ohne Zeit­verlust Nachrichten auszutauschen. Der Sender einer Nachricht bekommt vom Empfänger ein sofortige Rückmeldung (Feedback). Die Kommunikation findet in beide Richtungen statt. [1]
Einfache Übertragungsmedien, die eine gewisse Synchronität aufwiesen, je­doch keine bedeutende Inhaltstiefe zuließen, waren Rauchzeichen, die unsere Vorfahren nutzten, um akute Gefahren zu signalisieren. Im 19. Jahrhundert ermöglichte die Morsetechnik, codierte Nachrichten auf schnellem Wege auszutauschen. Noch in den 1970er Jahren wurden besonders eilige Nachrichten per Telegraph (Fernschreiber) versandt. Festnetz­telefone verbreiteten sich erst in den letzten fünf Jahrzehnten und ermöglichten der breiten Masse, in Echtzeit zu kommunizieren. Ende der 90er Jahre erfuhr die Kommunikationstechnik mit der Entwicklung des Internet einen jähen Aufschwung. Weitere synchrone Kommunikationstechnologien, wie der Mobilfunk, Instant Messaging (IM) oder Chat Rooms im World Wide Web fanden ihre Verbreitung.
Neben Brief und Telefax werden E-Mail, Voice-Mail (Sprachmitteilung) und SMS (Short Message Service) als asynchrone Kommunikationskanäle angesehen, weil sie keine kongruente Rückmeldung vorsehen. [2]
Es ist zu beobachten, dass asynchrone Kommunikationskanäle immer mehr an Bedeutung verlieren oder synchronisiert werden. Briefe und Fax werden ­seltener verschickt. E-Mail wird häufig als Substitut für diese Medien eingesetzt. Mittlerweile werden auch wichtige Dokumente, u.a. Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Bewerbungen via E-Mail verschickt, zumeist als Attachment. E-Mails können schnell, kostenlos und mit einem Klick versandt werden. Eine Antwort wird in der Geschäftswelt innerhalb eines Werktages erwartet, in den U.S.A. sogar innerhalb von 8 Stunden.[3] Diese inoffi­zielle Reaktionszeit verkürzt sich oftmals erheblich auf wenige Stunden oder sogar Minuten, weil viele Menschen an einem Rechner mit E-Mail-Zugang arbeiten und E-Mails sofort beantworten.
In einer Studie des Technologieunternehmens Basex (2005) gaben 55 Prozent der 1.000 befragten Wissensarbeiter an, eine E-Mail sofort nach ihrem Eintreffen zu öffnen.[4] In einer britischen Studie unter der Leitung des Psychologen Glenn Wilson aus dem gleichen Jahr sagte die Hälfte der befragten Studien­teilnehmer aus, dass sie eine E-Mail sogar sofort nach ihrem Öffnen beant­wortet.[5]
Oftmals ergibt sich daraus ein Ping-Pong-Spiel zwischen Sender und Empfänger, das sich anhand von „Re:Re:Re: Subject - Betreffzeilen“ zeigt.
So wird aus dem asynchronen Medium E-Mail ein synchrones Kommunikationswerkzeug. Eine ähnliche Tendenz ist bei SMS schreibenden Jugendlichen zu beobachten. Sie benutzen ihre SMS-Flatrate, um sich lautlos, während des Unterrichts, im Kino oder in der U-Bahn mit ihren Altergenossen unterhalten zu können.

Elektronische Kommunikationskanäle werden synchronisiert. Asynchrone Kommu­ni­kationsmedien verlieren an Bedeutung.

[1] Whittacker, S. (2002)
[2] Ebd.
[3] Koch, Chr., In: Zitty Berlin, 13/2007
[4] Wallis, C. und Steptoe, S. In: Time Magazine, 9.1.2006 zit. n. Spira, J. B. und Feintuch J. B. (2005)
[5] Rötzer, F., In: Telepolis, 22.4.2005