26 Dezember, 2007

"Ego-Mirror"

Hintergrund
Menschen brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung anderer Menschen so sehr wie die Luft zum Atmen. Schon immer strebten sie nach Ruhm und Ehre, beneideten die Reichen und Schönen um ihren gesellschaftlichen Stellenwert.

Heutzutage stellen sich immer mehr Menschen im Internet zur Schau, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie gestalten aufwändige myspace.com-Seiten mit offenherzigen Bildern, sie veröffentlichen Trinkgewohnheiten auf studivz.net und sammeln Kontakte auf facebook.com. Jeder googelt jeden. Berühmt ist, wer die meisten Google-Hits vorzuweisen hat. Die eigene Bekanntheit ist mit Hilfe von Google auf einen Klick meßbar geworden, zumindest wenn der eigene Name einzigartig und nicht generisch ist. (vgl. Googleability)
Im Druckzeitalter galt als berühmt, wer von einem Cover der Regenbogenpresse strahlte. Heutzutage ist berühmt, wer am meisten bei Google gefunden wird. Wahre Internetgrössen sind skandalumwobene Popstars und Sternchen wie Paris Hilton und Britney Spears, die viele Klicks generieren.

Idee
Der Ego-Mirror spiegelt ­unsere ­Bekanntheit im Internet wider und bedient damit unsere Eitelkeit. Nach seiner Personalisierung zählt er auf den Befehl „Ego-Mirror“ die Anzahl der eigenen ­Google-Treffer und gibt sie wie im Märchen Schneewittchen sprachbasiert aus. Jeden Tag aktualisiert der Spiegel auf Sprachanweisung die Anzahl der Google-Hits.
Mein Ego-Mirror kam am 9. November 2007 zu folgendem Ergebnis: „You are famous. This is true. There are 390 hits about you. But Paris Hilton you should know is a 22.200.000 times more famous than thou.“




Der "Ego-Mirror" gibt die Anzahl der persönlichen Google-Treffer aus; Illustration: © Ivy Kunze

Ser "Ego-Mirror" setzt den eigenen Ruhm immer in Bezug auf eine noch größere Berühmtheit, in diesem Fall Paris Hilton. So fühlt sich der Spiegelinhaber genauso in seiner Eitelkeit gekränkt, wie die böse Königin in "Schneewittchen".



Ton an! Simulation des "Ego-Mirrors", © Ivy Kunze, 2007



Referenz
Seit Menschengedenken sehnen sich insbesondere Frauen nach unvergleichlicher und unvergänglicher Schönheit. Adlige Frauen schnürten sich bis ins 19. Jahrhundert hinein mit Korsetts die Luft ab. Junge Chinesinnen verkrüppelten ihre Füße, um einem Schönheitsideal zu entsprechen. Heutzutage möchte fast jedes junge Mädchen ein berühmtes Model wie Heidi Klum werden. Viele Frauen nehmen gesundheitliche Risiken billigend in Kauf, um sich mit Hilfe von Schönheitoperationen ihren Traummaßen zu nähern.
Im Märchen Schneewittchen nach den Gebrüder Grimm wollte die böse Stiefmutter von Schneewittchen die Schönste im ganzen Land sein. Jeden Tag trat die eitle Königin vor einen magischen Spiegel und fragte ihn: „Spieglein, Spieglein an der Wand.Wer ist die Schönste im ganzen Land?“. Der ­Spiegel antwortete: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste im ganzen Land.“ Als aber Schneewittchen zu einer jungen Frau heranwuchs, wurde sie immer schöner und war schließlich schöner als die Königin selbst. Als sie eines Morgens wieder den Zauberspiegel befragte, antwortete dieser: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr.“


Brüder Grimm, "Märchen", Illustration von Angi Petrescu-Tiparescu, Jugendverlag Bukarest, ca. 1980



Der VanityRing von Markus Kison, ebenfalls Student an der Universität der Künste Berlin, beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema Googleability.

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