04 Oktober, 2007

Ansatz II "Information visualisieren"

Problem: Datenmüll und Informationsflut
Digitale Medien sind Segen und Fluch zugleich. Es ist kinderleicht, eine E-Mail an einige Dutzend Empfänger zu verschicken, ohne eine Briefmarke draufzukleben und einen Briefkasten aufzusuchen. Leider verleitet diese Einfachheit, Information zu verteilen dazu, unbedacht unnütze Informationen an alle, egal ob es sie interessiert oder nicht, zu versenden. Dieses Problem habe im Artikel "Digitale Etikette" bereits ausführlich behandelt. Die Fülle an unselektierter Information fordert unsere Aufmerksamkeit in so hohem Maße, daß wir gar nicht mehr zum Arbeiten kommen. Im Artikel "Ablenkung und Unterbrechung" habe ich anhand einiger repräsentativer Studien geschildert, wozu Störungen durch elektronischen Briefverkehr und ständige Erreichbarkeit durch Mobiltelefonie führen.

Idee: Prioritäten visualisieren
Als Gestalterin will ich ein anschauliches Prinzip entwickeln, daß digitale Daten visuell priorisiert. (Prioritäten) Dieses Prinzip gibt beispielsweise einen besseren Überblick darüber, welche E-Mails so wichtig und dringend sind, daß sie sofort bearbeitet werden müssen, und welche Mails einige Stunden oder sogar Tage unbeantwortet im Posteingang verbleiben dürfen.

1. Listen clustern
Lothar Seiwert: "Listen geben Struktur, bringen Ordnung ins Leben und schenken uns Zeit, viel Zeit." [1]
Der Papst des modernen Zeitmanagements empfiehlt, Listen zu erstellen, die man immer griffbereit hat, damit man nichts vergißt, z.B. eine Gesundheitsliste, eine Handwerkerliste, eine Geburtstagsliste, eine Urlaubsliste … Sicherlich sind wir es gewohnt, mit Listen zu arbeiten. Etwas von einer Liste als erledigt abzuhaken, gibt uns das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben.

E-Mails erscheinen in allen gängigen E-Mail-Programmen als Listen, die nach Empfangsdatum, Absender und Betreff sortiert werden können. Nicht sichtbar wird allerdings auf einen Blick, die Relevanz der E-Mail.
Der einfachste Weg E-Mails nach ihrer Priorität zu clustern, wäre es, sie entsprechend einzufärben. Ich verwende hierbei das Prinzip nach Eisenhower.


Um Persönlichkeitsrechte zu wahren, habe ich die Mailanfänge abgeschnitten.

Grau eingefärbte E-Mails sind unwichtige und nicht dringliche Mails, die sofort gelöscht werden können. Unwichtige aber dringliche Mails sind Blau eingefärbt und sollten später rationell beantwortet oder gleich weiter geleitet werden. Mails in Rot sind wichtige und dringliche Mails, die sofort beantwortet werden sollten. Bei E-Mails in Orange handelt es sich um Nachrichten, die zwar wichtige Themen behandeln aber nicht mit einem Termin verbunden sind. Diese Mails dürfen später beantwortet, aber nicht vergessen werden.

In der folgenden Liste sind E-Mails nach Stichworten in Gruppen sortiert. Diese Form der Darstellung erlaubt das schnellere Erfassen auf einem Blick.



Die nachfolgende Liste beruht ebenfalls auf dem Prinzip nach Eisenhower. Hier drückt sich die Relevanz der E-Mail in Farbe, Position und Schriftgröße aus. Alpha-Mails sind besonders groß und stehen auf rotem Hintergund.


2. Tag Cloud
In sogenannten "Wortwolken" werden Stichworte so zweidimensional sortiert, daß Worte, die besonders häufig benutzt werden, größer dargestellt werden als Worte, die seltener aufgerufen werden. Sie wurden urspünglich als "Weighted list" [Gewichtete Liste] bezeichnet. Tag Clouds sind mittlerweile in der Internetwelt sehr populär, sie werden gern zum gemeinschaftlichen Indexieren und auf Weblogs eingesetzt. Bekannte Beispiele sind spiegel.de und flickr.com.

Auf spiegel.de gibt es die sogenannte "Wolke mit dem Wichtigsten". Hier werden die Meldungen des Tages nicht einfach nur nach ihrer Häufigkeit abgebildet, sondern Spiegel-Experten setzen inhaltliche Schwerpunkte. So wird gewährleistet, daß der Leser das Wichtigste auf einen Blick sieht und nicht bloß das Häufigste.

"Die Wolke mit dem Wichtigsten" vom 28. Sept. 2007, spiegel.de

Analog zur Tag Cloud von spiegel.de könnten E-Mails nach ihrer Priorität sortiert werden. Die Priorität ergibt sich aus der Wichtigkeit und der Dringlichkeit der Mail. (Prinzip nach Eisenhower) Durch die visuelle Darstellung soll auf einen Blick deutlich werden, auf welche Mails sofort reagiert werden muß und welche Mails warten können.
Die E-Mails werden Schlagworten (Tags) zugeordnet, die dem Absender oder der Betreffzeile entnommen sind. Um sinnvolle Tags zu generieren werden semantische Netze aus Adressbuchdaten und Kalenderenträgen gebildet. Wichtigkeit und Dringlichkeit ergeben sich aus der Gruppenzuordnung im Adressbuch (Privat, Arbeit) und der aktuellen Aufgabenliste.

Wichtige und Dringliche Mails (Alpha-Mails) sind besonders groß dargestellt. Wichtige aber nicht dringliche Mails (Beta-Mails) werden mittelgroß veranschaulicht. Unwichtige aber dringliche Mails (Omega-Mails) haben die kleinste Schriftgröße. Unwichtige und nicht dringliche Mails werden blaß klein und blaß gekennzeichnet.


In der folgenden Tag Cloud sind Alpha-Mails im Zentrum positioniert. Darum gruppiert werden Beta-Mails und Omega-Mails. Ganz außen sind die Mails sortiert, die in den Papierkrob gehören. Somit stehen die wichtigsten und dringlichen E-Mail-Tags im Fokus und können visuell leichter erfaßt werden.


In der folgenden Darstellung werden die einzelnen Mailgruppierungen unterschiedlich eingefärbt, um sich noch deutlicher voneinander abzuheben. Die Mails mit hoher Wichtigkeit sind mit der Signalfarbe Rot gekennzeichnet. Nachgeordnete Mails werden in weniger Aufmerksamkeit fordernden Farben dargestellt.


3. Visuelle Metaphern

Metaphern sind emotional und einprägsam. Sie ermöglichen eine hohe Identifizierung, auch mit einem E-Mail-Programm. Sie können zu Icons (bildhafte Symbole) geformt oder im übertragenen Sinne Inhalt visualisieren.

Knoten im Taschentuch
Als wir noch Kinder waren, haben wir uns für besonders wichtige Dinge, die wir auf keinen Fall vergessen durften, manchmal einen Knoten ins Taschentuch gemacht. Dieser Knoten sagte zwar nicht aus, was wir erinnern sollte, aber er diente als Gedankenstütze für etwas.
Ein solcher Knoten im Taschentuch könnte als Markierung anstelle des Ausrufezeichens genutzt werden.



Wichtige Gewichte

Gewichte spiegeln im übertragenen Sinne Wichtigkeit wider. Große Gewichte stehen für bedeutsame E-Mails und kleine Gewichte für unbedeutsame E-Mails.






[1] Seiwert, Lothar: Noch mehr Zeit für das Wesentliche – Zeitmanagement neu entdecken, Kreuzlingen/München, 2006

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